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28.11.2019

Warum bist du Landwirt geworden?

Landwirt Matthias Schulte-Althoff, Vorsitzender im Arbeitskreis Junger Milcherzeuger, glaubt an die Zukunft der Milchwirtschaft – wenn die Branche zusammenhält

Wenn für das Gras der richtige Schnittzeitpunkt erreicht ist, setzt sich Matthias Schulte-Althoff auf seinen Trecker und erntet, was er gesät hat. Das, sagt der 31-Jährige, sei das schönste Gefühl. Spur um Spur zieht er über das sattgrüne Feld, das seinen 120 Kühen Nahrung liefert. Dann weiß er, warum er Landwirt geworden ist: Weil er mit seiner Arbeit Menschen ernährt, und weil er Teil eines Kreislaufs ist, der vermutlich niemals enden wird.

Etwas verwunschen liegt sein Hof im Kreis Recklinghausen in Nordrhein-Westfalen. Umgeben von kniehohem Gras und lilafarbenen Rhododendren steht ein über 100 Jahre altes Gehöft, um das sich die Ställe ordnen: der Kuhstall, in dem die Kühe auf Sägemehl liegen, mit freiem Auslauf auf die Sommerweide. Ein mit viel Stroh ausgelegter Kälberstall, ein Rinderstall und ein Offenstall bilden die Gebäude. Schulte-Althoff kennt fast jede Kuh beim Namen.

„Wir sind ein relativ kleiner Betrieb“, sagt der gelernte Agrarbetriebswirt und zeigt den Melkstand für zehn Kühe.

„Aber egal wie gut oder schlecht der Sommer ist – wir legen Wert darauf, dass es den Tieren gut geht.“ Dafür gibt die Familie auch schon mal eine stattliche Summe für Sägemehl aus, damit sich die Kühe angenehmer betten können. Das ist Firmenphilosophie.

Schulte-Althoff führt den Hof mit seinem Vater Georg, 60, der Kühe noch vom Schemel aus gemolken hat. Heute führt die Familie Schulklassen und andere Besucher über den Hof und räumt mit so manchem Vorurteil über Milchwirtschaft auf. Ohnehin vermarktet sich die Schulte-Althoff-Milch zu einem guten Teil durch das kommunikative Wesen von Vater und Sohn, die gern von ihrem Betrieb erzählen.

Sorgenfalten ziehen sich nur dann über Schulte-Althoffs Stirn, wenn er über die Zukunft der Milchwirtschaft spricht. Dass ihm Themen wie Milchpreis, Umweltauflagen, Tierwohl, Milchqualität oder Nachhaltigkeit wichtig sind, zeigt sich an seinem Engagement beim DMK-Arbeitskreis Junger Milcherzeuger. In seiner Funktion als Vorsitzender sucht er, in Zusammenarbeit mit Verantwortlichen der DMK, sich dreimal im Jahr Themen aus, die den 63 Mitgliedern aus der Milchwirtschaft unter den Nägeln brennen. Die Mitglieder zwischen 18 und 32 Jahren sprechen über ihre Erfahrungen. „Wir nehmen dabei auch Einfluss auf die DMK-Geschäftsführung“, sagt er. Auch der Milchpreis sei ein großes Thema, das immer wieder diskutiert wird.

Schön sei für ihn das Gemeinschaftsgefühl bei DMK. So war es neulich, als Ingo Müller von den DMK-Innovationen berichtete, etwa der Verpackungsreform oder neuen Produkten wie Kalder Kaffee oder Baileys-Eis. „Das sind super Produkte, die DMK als Genossenschaft besonders machen.“ Gerade in schwierigen Zeiten sei es wichtig, stolz auf etwas zu sein und ein Wir-Gefühl zu entwickeln.

Auf seinem Hof gibt es das Wir-Gefühl seit vielen Generationen. Sein Vater ist für Schulte-Althoff der wichtigste Ansprechpartner, er ist so etwas wie das Gedächtnis der Hofgeschichte. Georg Schulte-Althoff kennt die guten und die schlechten Zeiten seiner Milchfarm und weiß, dass sie Krisen heute besser überstehen als früher. Etwa den Sommer 1959, als so eine starke Dürre herrschte, dass die Kühe nur Baumrinde als Futter hatten. „So ein Sommer beeinträchtigt auch die Menschen, da herrscht dann Hunger“, sagt der erfahrene Landwirt. „Heute haben wir Futter auf Vorrat, auch in schlechten Jahren hat jede Kuh etwas zu fressen.“ Dennoch: Es muss vorangehen für den Einzelnen, wissen er und sein Sohn. Pessimismus und Weltuntergangsstimmung helfen niemandem. Schulte-Althoff junior probiert daher gern ein wenig herum im weiten Feld der Möglichkeiten. Letzten Sommer etwa ließ er eine Kuh mit einer Gopro zum Weidegang aus dem Stall und stellte das Video auf Facebook. „Es ist erstaunlich, wie viel positive Resonanz dann kommt“, sagt er, „so wird das Landleben auch viral weiter kommuniziert.“

Als sei das alles nicht genug, engagiert er sich auch noch in einer Arbeitsgruppe, in der Ackerbauern, Schweine mäster und Kuhhalter mit Vertretern von REWE und EDEKA zusammenkommen und über die Belange zwischen Handel und Landwirtschaft diskutieren. „Das sind aufschlussreiche Treffen“, sagt er. Es geht um Preise und die Konkurrenz im Einzelhandel oder darum, warum es oft zu so großen Preisspannen kommt. „Mit mehr Verständnis dafür, dass Molkereien, Handel, aber auch die Bauern Geld verdienen müssen, kommt man sich inhaltlich näher.“ Diese Treffen lösten nicht sofort Probleme, sagt er, aber sie würden mehr Klarheit über die Situation des anderen schaffen. Er weiß, dass sein Beruf nicht einfacher werden wird.

Dafür erkennt er aber ganz eindeutig die Trendwende zur immer größer werdenden Landsehnsucht bei den Konsumenten. Neulich zeigte seine Mutter einem Schulkind ein Gänseblümchen, pflückte es und aß es auf. Das Mädchen war so fasziniert davon, dass es gleich einen ganzen Strauß davon mitnahm. Zum Abendessen. 

Gut genährt: Wichtig ist dem Landwirt hochwertiges Kraftfutter für seine Kühe

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